Die Bedeutung der Vorsorge hat weiter zugenommen

Mit Jänner 2020 ging die neu gegründete Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) an den Start. Das “BauernJournal“ sprach mit der Generaldirektor-Stellvertreterin Mag. Veronika Mickel-Göttfert über die Leistungen der SVS und welche Herausforderungen es noch zu meistern gibt.
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Gesundheit Vom Gesundheitshunderter bis hin zu Aktivcamps: Die SVS bietet viele, speziell auf die bäuerliche Bevölkerung zugeschnittene Präventions- und Gesundheitsangebote. © AdobeStock/ Racle Fotodesign

Die SVS besteht seit drei Jahren, wie fällt Ihre Bilanz dazu aus - welche Ziele wurden erreicht, wo gibt es noch Handlungsbedarf?

Die SVS trägt Verantwortung für 1,3 Mio. Versicherte, sie ist zentrale Ansprechpartnerin für alle Selbstständigen, wenn es um Fragen rund um ihre soziale Absicherung geht. Wir investieren aktuell rund 11,2 Mrd. Euro in die Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung, rund 3,9 Mrd. Euro davon entfallen auf die soziale Absicherung der bäuerlichen Versicherten. Es ist unser besonderes Anliegen, für unsere Versicherten auch umfassende Betreuung und Beratung zu bieten: in unseren Kundencentern, auf Beratungstagen und über moderne digitale Services.

Der Rechnungshof kritisierte, dass die Leistungen innerhalb der neuen Sozialversicherungsträger noch immer nicht wie geplant vereinheitlicht wurden. Das betrifft etwa auch die Rechtsgrundlagen bei der Krankenversicherung.

Dort, wo die SVS selbst im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Leistungen vereinheitlichen kann, wurde das auch bereits umgesetzt. Als Beispiele möchte ich den Zuschuss für Mundhygiene von aktuell 40 Euro jährlich oder den Zuschuss für Psychotherapie, der 2020 von der SVS verdoppelt wurde, nennen. Ebenso haben wir unser Angebot an Präventionsleistungen erweitert und für alle unsere Versicherten zugänglich gemacht. Die Bestimmungen im Bauern- Sozialversicherungsgesetz oder Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz können nur vom Gesetzgeber selbst verändert werden. Erste gesetzliche Anpassungen gab es auch bereits hier, wie z.B. in der Krankenversicherung. Ab 2020 wurde der Beitrag auf 6,8% abgesenkt, das bedeutet rund 24 Mio. Euro weniger an Beitrag für die bäuerlichen Betriebe. Auch die Mindestbeitragsgrundlage wurde auf den Wert der Geringfügigkeitsgrenze von 500,91 Euro angeglichen. Die bäuerlichen Pensionisten wurden durch das Streichen des Solidaritätsbeitrages von 0,5%, der bei jeder Pension abgezogen wurde, mit über 10 Mio. Euro entlastet. Nicht zuletzt hat die SVS über den Abschluss eines neuen, bundesweit geltenden Gesamtvertrages mit der Ärztekammer den Zugang zu den medizinischen Leistungen im niedergelassenen Ärzte-Bereich für alle unsere Versicherten einheitlich geregelt. Das hat auch der Rechnungshof sehr positiv hervorgehoben.

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hält an, die Zahl der Pflichtversicherten nimmt weiterhin ab. Gleichzeitig steigen die Pensionen und die Kosten im Gesundheitsbereich deutlich an. Sind die Leistungen für die Versicherten ohne Beitra

Ich bin sehr stolz, dass die SVS finanziell auf sehr stabilen Beinen steht, und es ist unser Anspruch, unseren Versicherten auch in einer herausfordernden Zeit für ihre Beiträge das Beste an Leistungen und Services zu bieten. Natürlich wirken sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft und die demografische Entwicklung im Bereich der Sozialversicherung aus. Auch wenn die Zahl der Versicherten nach dem BSVG in den vergangenen Jahren recht konstant blieb, gibt es im bäuerlichen Bereich aktuell mehr Pensionisten als erwerbstätige Versicherte. Die Aufwendungen für die Pensionsleistungen werden somit nicht alleine von den aktiven Landwirten getragen. Hier geben eine große Versichertengemeinschaft und der Staat Sicherheit. Beiträge, die fehlen, um Pensionen zu zahlen, werden in allen Pensionsversicherungen über die Ausfallhaftung des Bundes aus allgemeinen Steuermitteln ausgeglichen. Ich vertraue darauf, dass dieses solidarische System auch in Zukunft da ist. Mein Anspruch ist jedenfalls, dass die Beiträge unsere Versicherten nicht überfordern dürfen.

Wie entwickeln sich die Finanzen der SVS, gibt es Bereiche, wo der Finanzierungsbedarf besonders groß ist?

Der größte Aufwand ist zweifellos mit über 70% die Pensionsversicherung, das macht allein in der bäuerlichen Sozialversicherung rund 2,8 Mrd. Euro aus, gefolgt von der Krankenversicherung mit einem Anteil von etwas über 20% des SVS-Gebarungsvolumens. Die Kosten für ärztliche Hilfe, Medikamente oder Spitalspflege steigen stark - und dies nicht nur bei der SVS, sondern bei allen Krankenversicherungen und im Gesundheitssektor allgemein. Daher werden wir unser Gesundheitssystem weiterentwickeln müssen. Es muss in Zukunft einfach besser gelingen, dass die Patienten den richtigen Ort für ihre Behandlung aufsuchen. Bei geringfügigen Erkrankungen braucht es z.B. nicht den Besuch einer Notfallambulanz, der hohe Kosten verursacht. Wir stehen für eine Stärkung der niedergelassenen Ärzte, damit unsere Versicherten auch in Zukunft eine gute, wohnortnahe Versorgung haben.

Bietet die SVS aktuell spezielle, auf die bäuerliche Bevölkerung zugeschnittene Präventions- und Gesundheitsangebote an?

Prävention und Gesundheitsvorsorge sind mir persönlich ein Herzensanliegen und wir setzen viele Anreize, ein gesundes Leben zu führen. Dazu gehören beispielsweise der Gesundheitshunderter oder Sicherheitshunderter, die für SVS-Versicherten maßgeschneiderten Gesundheitswochen mit Schwerpunkt Bewegung, Ernährung oder mentale Gesundheit, zahlreiche Aktiv-Camps, Feriencamps für Kinder und Jugendliche in den Sommermonaten oder der Gesundheits-Check Junior, ein Vorsorgeprogramm für 6- bis 18-Jährige, welches die SVS als einziger Krankenversicherungs- träger anbietet. Dazu kommen aktuelle Präventionsinitiativen wie heuer der Vorsorgehunderter im Rahmen der SVS-Aktion “Gemeinsam vorsorgen“. Über 180.000 Versicherte haben bereits eine Vorsorgeuntersuchung gemacht und dafür 100 Euro überwiesen bekommen. Ich darf alle einladen, sich auf unserer Homepage svs.at/gesundheitsangebote zu informieren und mitzumachen, es ist für jeden etwas dabei!

Das Thema Vorsorge wird in der SVS großgeschrieben. Was tut sich bei den Gesundheitsaktionen für pflegende Angehörige, die im bäuerlichen Bereich stets einen besonders hohen Stellenwert hatten?

Eine wichtige Frage, denn Pflege nimmt am Bauernhof nach wie vor eine wichtige Rolle ein und ist ein Thema, das bewegt. Menschen, die sich der Pflege eines nahen Angehörigen annehmen, leisten Großartiges, sind in unserer Gesellschaft unverzichtbar und brauchen entsprechende Unterstützung. Diese wird auch im Bereich der Sozialversicherung geboten. Neben dem Pflegegeld gibt es als neue Unterstützungsleistung den Angehörigenbonus, den sie seit 1. Juli bei uns beantragen können. Personen, die aufgrund der Pflege eines Angehörigen ihre Berufstätigkeit aufgegeben oder eingeschränkt haben, steht der Zugang zu einer kostenlosen Weiter- oder Selbstversicherung offen, sowohl in der Kranken- als auch in der Pensionsversicherung, um weiter wichtige Pensionszeiten zu erwerben. Bei Pflege in häuslicher Umgebung werden auch Beratung oder Hausbesuche von diplomierten Pflegepersonen über das bei der SVS eingerichtete Kompetenzzentrum der “Qualitätssicherung in der häuslichen Pflege“ angeboten - ein Anruf unter 050 808 2087 genügt.

Um pflegende Angehörige gesundheitlich zu unterstützen und ihnen eine Auszeit von ihrem anstrengenden Alltag zu ermöglichen, bieten wir auch spezielle Gesundheitswochen “Mental Fit & G‘sund“ an und für Eltern mit einem pflegebedürftigen Kind gibt es das Angebot einer “Gemeinsamen Pflegeauszeit“.

Die Corona-Pandemie hat die Gesundheitseinrichtungen und auch die Sozialversicherungsträger besonders gefordert. Welche Erkenntnisse sind geblieben?

Unsere wichtigste Aufgabe ist es, genau dann für die Versicherten da zu sein, wenn es schwierig wird. Das hat die SVS in der Corona-Pandemie gezeigt. Unsere Leistungen wurden in vollem Umfang aufrechterhalten und die SVS blieb für ihre Versicherten ohne Unterbrechung erreichbar, das wäre ohne unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Die Pandemie hat auch unseren neun Gesundheitseinrichtungen ein hohes Maß an Flexibilität und Anstrengung abverlangt. Andererseits hat sie Weiterentwicklungen und Verbesserungen in der Patientenversorgung vorangebracht, wie etwa durch neue telemedizinische Angebote oder Modelle der Tele-Reha-Nachsorge. Die Pandemie hat auch aufgezeigt, wie wertvoll unser aller Gesundheit ist und wie wichtig Vorsorge sein kann. Das hat uns auch darin bestärkt, unsere Gesundheitsangebote weiter auszubauen.

Die Digitalisierung wurde in der SVS in den vergangenen Jahren stark vorangetrieben. Wie gut werden die neuen Services angenommen, was wird hier noch kommen?

Viele Anliegen lassen sich mit svsGO, den digitalen Services der SVS, einfach, sicher und schnell erledigen - und das jederzeit und überall. Ob das Einreichen einer Rechnung, das Einholen einer Bewilligung, ein informativer Blick ins Pensionskonto oder die Übermittlung eines Antrages - vieles kann innerhalb kürzester Zeit mit wenigen Klicks erledigt werden.

Seit Kurzem steht Landwirten via svsGO auch ein ganz neues Service zur Verfügung: Über das digitale Beitragskonto sehen Betriebsführer:innen nicht nur den aktuellen Stand ihres Beitragssaldos, sie können ab sofort auch eine Übersicht ihrer Bewirtschaftungsverhältnisse abrufen und somit überprüfen, ob die bei der SVS erfassten bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Flächen aktuell sind. Bei Änderungen in der Bewirtschaftung gibt es dazu sogleich die Möglichkeit, diese online einzumelden. Auch Bestätigungen über eingezahlte Sozialversicherungsbeiträge lassen sich online abrufen. Besonders erfreulich für uns ist, dass das digitale Serviceangebot sehr gut angenommen wird - beispielsweise wurde die svsGO-App bereits 230.000-mal heruntergeladen, das svsGOPortal zählt rund 100.000 Besucher monatlich und etwa 50% der Wahlarztrechnungen werden digital eingereicht.

Mir ist wichtig zu betonen, dass unsere Versicherten natürlich auch persönlich mit uns in Kontakt treten können, entweder telefonisch, bei einem Besprechungstermin im SVS-Kundencenter oder bei einem SVS-Beratungstag.