Bäuerin Johanna Miesenberger zieht in den Bundesrat ein

Oberösterreicherin will mehr Bewusstsein für die Landwirtschaft schaffen.
Die Augen von Johanna Miesenberger leuchten, wenn sie an ihre neue Aufgabe als Bundesrätin denkt. Ab Oktober wird die erfahrene Bäuerin und Praktikerin des Öfteren von Pregarten im Bezirk Freistadt (OÖ) in die Bundeshauptstadt pendeln, um die Interessen der heimischen Landwirtinnen und Landwirte in der zweiten Kammer des österreichischen Parlaments zu vertreten. Immerhin weiß die 45-Jährige wovon sie spricht, hat sich doch bereits in sehr jungen Jahren den elterlichen Hof übernommen und bis vor Kurzem Betriebsabläufe vom Stall bis hin zur Feldarbeit weitgehend selbst gemanagt.

Begonnen hat alles mit der OÖ Landtagswahl im Jahr 2015, als sie über ein Mandat des Bauernbundes die zweitmeisten Vorzugsstimmen im Wahlkreis Mühlviertel erhielt und ihr somit ein Nachrückerplatz zuteil wurde. Nun wechselt ein Kollege aus dem Bundesrat in den Oberösterreichischen Landtag und Johanna Miesenberger folgt ihm im Oktober in den Bundesrat nach. "Ich möchte gut auf die Bedürfnisse sowohl von den Landwirtinnen und Landwirten als auch der Verbraucher hören und diese dann in die politischen Ebenen hineintragen. Es braucht mehr Bewusstsein dafür, was die Landwirtschaft ausmacht", betont Miesenberger, die sich auch schon zuvor auf dem politischen Parkett bewegte.

Die Mutter von zwei Söhnen (25 und 22) und einer Tochter (18) ist bereits seit zehn Jahren Landwirtschaftskammerrätin und leitet in dieser Funktion seit 2013 den Ausschuss für Bergbauern und ländlichen Raum in der Landwirtschaftskammer (LK) Oberösterreich. Ebenfalls seit 2013 ist sie Bezirksbäuerin von Freistadt beziehungsweise Vorsitzende des Bäuerinnenbeirates im Bezirk, wie es in Oberösterreich heißt, und zwischenzeitlich war sie von 2008 bis 2014 Ortsbäuerin von Pregarten. Schließlich wirkt die künftige Bundesrätin auch noch in der Stadtgemeinde Pregarten mit, wo sie seit 2011 als Gemeinderätin aktiv ist.

Gesellschafts- und sozialpolitische Werte leben - Gemeinschaften weiterentwickeln

"Mir liegt das Gemeinwohl sehr am Herzen, sei es in der der Familie, der Gemeinde, im Freundeskreis oder bei den Bäuerinnen. Es ist wichtig, gesellschafts- und sozialpolitische Werte zu leben, Gemeinschaften weiterzuentwickeln und einfach ein bisschen mehr zu tun als notwendig", sagt Miesenberger. Den nötigen Rückhalt für all ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten bekommt sie zum Glück von ihrer Familie. "Ohne ihre Akzeptanz und Unterstützung ginge das alles nicht", sagt sie und verweist auf eine gleichzeitig positive Vorbildwirkung, da wiederum auch ihre Kinder gesellschaftspolitisch interessiert und zwei von ihnen bereits ehrenamtlich aktiv sind.

Bin aus Überzeugung Landwirtin

In ihrem Hauptberuf Bäuerin weiß Johanna Miesenberger, was es bedeutet tagtäglich hochwertige und gesunde Lebensmittel zu produzieren, wurde sie doch nach der hauswirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Facharbeiterausbildung bereits mit 23 Jahren Betriebsführerin. "Meine Eltern waren nicht mehr die jüngsten und als ihr einziges Kind haben sie sozusagen schon auf mich gewartet, dass ich die Verantwortung für den Hof übernehme", sagt Miesenberger und ergänzt: "Ich bin aus Überzeugung Landwirtin geworden, auch wenn man mit 15 Jahren keinen Schimmer davon hat, was das für die eigene Lebensplanung bedeutet. Es war mir aber immer wichtig, dass das Lebenswerk meiner Eltern fortgeführt wird."

Die künftige Bundesrätin hat den Hof 1997 mit Milchviehhaltung übernommen und aus baulichen und arbeitstechnischen Überlegungen 2004 auf Rindermast umgestellt. Sie habe seither viel in die Arbeitstechnik investiert, damit Tätigkeiten schneller und mit weniger körperlichem Einsatz verrichtet werden können. Aktuell versorgt sie täglich 80 Maststiere, wird aber seit Kurzem von ihrem zweitgeborenen Sohn Felix unterstützt, der nach dem Besuch der Höheren landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt St. Florian und einer anschließenden Fleischerlehre entschieden hat, am Hof zu bleiben. Ihr Mann, Gerhard, geht seit jeher einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit in einem großen österreichischen Unternehmen nach, da der Betrieb von Beginn an nicht für zwei Arbeitskräfte ausgerichtet war.

Landwirtschaft ist kein Ponyhof

Trotz der herausfordernden Tätigkeiten in der Landwirtschaft schätzt Johanna Miesenberger am Bäuerinnendasein die Selbstständigkeit, das Arbeiten in und mit der Natur sowie die Möglichkeit zu Hause bei den Kindern zu sein. "Klar arbeitet man sehr viel und meine Kinder würden sagen, das ist kein Ponyhof, aber die schönen Seiten im Verbund mit der Familie überwiegen", lacht Johanna Miesenberger, die viel Wert darauf legt, dass ihr Hof - auf dem auch ihre Mutter lebt - ein "offenes Haus" ist. Es soll in einem wertschätzenden Umgang miteinander ein gutes Zusammenleben möglich sein und dennoch genügend Freiraum für jeden bleiben. Während regelmäßiger Auszeiten tankt Johanna Miesenberger die nötige Kraft für ihre vielfältigen Aufgaben. Beim Meditieren, Lesen oder auf einem Kurzurlaub konzentriert sie sich dann ganz auf sich.

"ZAMm unterwegs"-Lehrgang war spannende Zeit

Zum Ehrenamt hat sie gewissermaßen auch der "ZAMm unterwegs"-Lehrgang für "Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum" motiviert. Über das Projekt des Ländlichen Fortbildungsinstituts (LFI) auf Initiative der ARGE Österreichische Bäuerinnen werden den Teilnehmerinnen unter anderem Inhalte über Persönlichkeitsbildung, Agrarpolitik und Agrarwirtschaft, Führungsmanagement sowie Öffentlichkeitsarbeit vermittelt. "Der ZAMm-Lehrgang war für mich eine ganz spannende Zeit, in der ich sowohl für mich persönlich als auch für den Betrieb eine Menge gelernt habe. Außerdem habe ich sehr viele Bäuerinnen kennengelernt, mit denen ich teilweise heute noch in Kontakt bin", schwärmt Johanna Miesenberger. Fachlich habe sie besonders von den wertvollen Inhalten über Agrarpolitik, das Arbeiten als Führungskraft sowie Persönlichkeitsbildung profitiert. "Es war ganz viel dabei, das ich später in meinem Umfeld gut umsetzen konnte. Durch den Lehrgang 'ZAMm-unterwegs' geht man gestärkt und selbstbewusster an Aufgaben heran", sagt Miesenberger, die sich damit auch für ihre künftige Aufgabe als Bundesrätin einen Teil des nötigen Rüstzeuges holte.

In ihren öffentlichen Funktionen und vor allem als Bundesrätin will sie mehr Bewusstsein für den "verantwortungsvollen" Beruf des Landwirten schaffen. "Neben der Hauptaufgabe hochwertige und gesunde Lebensmittel zu produzieren, beleben die heimischen Bäuerinnen und Bauern die ländlichen Gebiete nicht nur mit Arbeitsplätzen, sondern auch mit Kultur und Brauchtum. Wir sind stolz auf unsere Arbeit und unseren Berufsstand und machen ihn auch gern, wir erwarten aber schon im Gegenzug von den Menschen Wertschätzung und vor allem auch mehr Wertschöpfung für unsere Produkte und Leistungen, die wir sonst noch für die Gesellschaft erbringen. Das geht nur in einem Miteinander mit den Konsumenten auf Augenhöhe", ist Johanna Miesenberger überzeugt.