Frauen in der Landwirtschaft nicht trotz, sondern wegen ihrer Vielseitigkeit schätzen

In einer Welt, in der Frauen sich nach wie vor doppelt beweisen müssen, ist es höchste Zeit für ein Umdenken.
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Hannah Ofner © Katharina Walcher
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
 
Stellen Sie sich bitte folgendes Szenario vor: Es ist ein heißer Sommertag, ideal zum Silieren und Arbeiten am Feld. Ein Traktor mit Ladewagen fährt am Steilhang entlang, beladen mit frisch gemähtem Gras auf dem Weg zum Fahrsilo. Ihr Blick fällt in die Fahrerkabine.
 
Was sehen Sie? Einen großen kräftigen Mann oder eine starke unabhängige Frau?
Etwa ein Drittel der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Österreich wird von Frauen geführt. Wenn man bedenkt, dass Frauen erst seit 1918 das Wahlrecht haben und selbst heute noch häufig in den Schatten von Männern gedrängt werden, ist das bemerkenswert und geradezu revolutionär. Doch wer die Realität in der Landwirtschaft kennt, weiß: Frauen sind längst nicht mehr nur stille Mithelferinnen, sie sind treibende Kräfte, oft unermüdlich und mit beeindruckender Ausdauer.
 
Sie managen nicht nur Betriebe, sondern häufig auch Familie, Haushalt und soziale Verantwortung. Sie sind empathisch, belastbar, organisiert und denken oft mehrere Schritte voraus. Und doch begegnet ihnen im Alltag immer noch Skepsis. “Du führst den Betrieb allein? Ganz ohne Mann?“ Fragen, die einem männlichen Betriebsleiter so gut wie nie gestellt werden.
 
Verstehen Sie mich nicht falsch, auch Männer leisten Großartiges. Aber in einer Welt, in der Frauen sich nach wie vor doppelt beweisen müssen, ist es höchste Zeit für ein Umdenken. Gleichberechtigung ist nicht erreicht, solange wir noch darüber diskutieren, ob eine Frau stark genug für den Traktor oder nicht zu feminin für den Stall ist.
 
Mein Appell an Sie: Schätzen Sie die Frauen in der Landwirtschaft, nicht trotz, sondern wegen ihrer Vielseitigkeit. Sie sind nicht mehr nur Bäuerinnen, Ehefrauen oder Mütter. Sie sind Unternehmerinnen, Gestalterinnen, Macherinnen. Und sie tragen mit Kraft, Herz und Verstand einen entscheidenden Teil zur Zukunft unserer Landwirtschaft bei.

Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik (HAUP) entstanden.